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Über das Nerdtum

  • Autorenbild: polycolor
    polycolor
  • 11. Okt. 2020
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 28. Nov. 2020

Zwei Menschen unterhalten sich über eine Sendung, die sie beide gesehen haben. Nehmen wir mal: Game of Thrones. Jeder kennt sicher dieses energetische Gefühl, wenn man sich über gehasste und geliebte Charaktere austauscht oder über mögliche Story Ausgänge philosophiert und sich dabei fast schon in Rage diskutiert. Wir lieben das, sei es im analogen Leben oder im digitalen Miteinander. Da sind wir nun, stehen stundenlangen mit anderen Menschen im Kontakt und diskutieren über Dinge, die nie geschehen sind in Welten, die nicht existieren. Jeder baut sich, auf Basis von Büchern, Filmen oder Videospielen, seine eigene Welt auf und überlegt sich, wie in diesen Welten verschiedene Dinge ablaufen. In welchen hierarchischen Strukturen ist wohl das Imperium aufgebaut, welche Zutaten stecken in Lembas Brot oder ist ein Abschluss in Hogwarts mehr wert als einer aus Durmstrang, wenn man sich später bewirbt? Und wie bewerben sich Zauberer eigentlich? Klassisch mit Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen oder gibt es magische Bewerbungsmappen?

Viele Unwissende behaupten, sich in solche Welten zu stürzen, sich Gedanken zu fiktiven Charakteren und deren Handlungen zu machen, sei doch nur eine Flucht aus der trägen Tristesse des Alltags. Ich denke allerdings, da steckt mehr dahinter. Es gibt ja immerhin Menschen, die glücklich mit ihren Familie sind, einen Job haben, der ihnen Spaß macht, die jeden Sommer den Mount Everest besteigen und trotzdem Herr der Ringe lesen. Flüchten die auch aus ihrer langweiligen Existenz? Auch wenn fiktive Welten oftmals eine nette Abwechslung vom trostlosen Alltag sind, die uns Probleme, Sorgen und Ängste vergessen lassen, verbringen wir doch auch oft aus Spaßdrang Zeit in ihnen. Ich persönlich sehen es fast schon als Hobby, mich im Fiktiven zu vergraben, alles daraus aufzusaugen, um mich später mit anderen Menschen darüber auszutauschen. „Was für ein doofes Hobby!“ sagt da vielleicht der ein oder andere. Mit der Zeit könntest du aber was sinnvolleres anstellen, wie Sport treiben oder kleine Kinder aus brennenden Waisenhäusern retten. Nun, neben diesem Hobby treibe ich auch Sport und mache andere Sachen. Außerdem sagen das zumeist eh Leute, die nichts besseres zu tun haben, als Samstags besoffen neben einem Fußballfeld zu stehen und Leute beim professionellen Sporttreiben anzuschreien. Menschen, die sich über Sport austauschen, den sie nicht treiben und über andere Menschen reden, die sie nicht kennen.

Nerd zu sein verbindet auch: man findet Freunde, mit denen man zum Beispiel Sendungen zusammen schaut, Spiele spielt oder in Foren endlose Diskussionen führt. Mich haben nerdigen Dinge sehr geprägt, nicht nur was mein Interesse angeht, sondern auch meine moralischen Ansichten. Es ist eine Lebenseinstellung, so wie Punk zu sein bedeutet, das System verändern zu wollen. Ein Punk sieht einen anderen Punk mit einem Slime Shirt und fühlt diese Verbundenheit, die ein Nerd spürt, wenn er einen anderen Menschen mit einem R2D2 Shirt sieht. Gut der Punk steht für politische Veränderung im tatsächlichen Gesellschaftssystem, der Nerd hingegen würde eher in einem X-Wing das Imperium stürzen. Vielleicht etwas übertrieben das Nerdtum als Subkultur zu beschreiben. Da gehört wohl noch mehr dazu, aber ganz abwegig ist es nicht.


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